Fundraising

Nach dem Fundraising ist vor dem Fundraising: Tipps zur Finanzierungsrunde für Start-ups

Auf ein Fundraising bereitet man sich als Gründungsteam sehr lange vor. Dabei kommt es nicht nur auf Inhalte und ein gutes Produkt an, sondern auch auf den richtigen Zeitpunkt. Gemeinsam mit Nathalie Wiegand, Senior Consultant bei Coco Finance, haben wir über alles gesprochen, was Gründer:innen wissen sollten, wenn sie ihr Start-up in eine Finanzierungsrunde schicken.

Von was ist der richtige Zeitpunkt fürs Fundraising abhängig?

Der richtige Zeitpunkt hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen macht es einen Unterschied, ob in der Kapitalrunde „nur“ Bestandsinvestor:innen angefragt werden, oder ob das Gründungsteam neue Investor:innen an Bord holt.

Zum anderen spielt es eine Rolle, wie eng der Kontakt zu bisherigen Investor:innen war. Denn das Fundraising wird auf jeden Fall positiv davon beeinflusst, wenn bereits ein längerer Austausch stattgefunden hat – dann kennen die Investor:innen die Firma und das Management-Team schon besser.

Und letztendlich: Die eigene Performance des Unternehmens beeinflusst einerseits die Zufriedenheit der Gesellschafter:innen und gleichzeitig die Schnelligkeit des Fundraising-Prozesses. Bei hoher Zufriedenheit oder großer Planerreichung ist vom Gründungsteam natürlich weniger Überzeugungsarbeit zu leisten. Auch das generelle Marktumfeld hat einen starken Einfluss darauf, wie schnell so eine Runde vonstatten geht.

Ergänzend macht es Sinn, das Geschäftsmodell zu berücksichtigen: Gerade, wenn das eigene Geschäft saisonabhängig ist (z.B. im Reise-Bereich) ergibt es Sinn, das Fundraising gegen Ende der Saison zu starten – so kann man die vorherige Performance noch mitnehmen und ermöglicht Gesellschafter:innen einen besseren Überblick.

Der wichtigste Punkt, wenn es um den Zeitpunkt für ein Fundraising geht, bleibt aber natürlich der eigene Cash-Bestand. Als Gründungsteam sollte man eine Finanzierungsrunde immer früh genug starten, damit man nach hinten genug Puffer hat. Essentiell ist dementsprechend, dass man Cashflow und Runway zu jeder Zeit im Blick hat.

Wie lange muss ich für ein Fundraising einplanen?

In der Regel haben VCs (Venture Capitalists) Phasen, in denen sie ihr Geschäft etwas ruhiger angehen. Es kann also sein, dass es im Sommer oder zu Weihnachten nicht so einfach ist, eine Finanzierungsrunde erfolgreich oder zeitnah abzuschließen. Daher sollten Gründer:innen beim Kennenlernen der Investor:innen nachfragen, ob sie in gewissen Zyklen arbeiten oder Zeiten haben, an denen sie weniger geballt ans Fundraising rangehen.

Nathalie Wiegand weiß, wie lange man etwa für eine Fundraising-Runde einplanen sollte:

„Ich habe schon interne Kapitalrunden mitbekommen – also nur mit Bestandsinvestor:innen – die werden innerhalb von vier Monaten durchgezogen und Runden mit neuen Investor:innen, die innerhalb von sechs Monaten über die Bühne gegangen sind. Ich würde aber nicht behaupten, dass das die Regel ist.

Man sollte schon mindestens acht Monate einplanen, wenn nicht sogar länger. Gerade, wenn internationale VCs an Bord sind oder an Bord genommen werden, sollten Gründer:innen definitiv nochmal länger einplanen, um nach hinten raus nicht in Zeitnot zu kommen. An sich ist Fundraising sowieso eine super intensive Zeit – da muss man den Druck nicht unnötig erhöhen, indem man eine zu knappe Timeline einplant.“

Wie kann ich den Überblick über Ausgaben behalten und mich im Finanzteam richtig aufbauen und strukturieren?

Generell hängen die Treiber der Kosten stark vom Geschäftsmodell des jeweiligen Start-ups ab  – und von der jeweiligen Unternehmensphase. Ein Business-Modell, was z.B. auf selbstentwickelter Software beruht, hat anfangs vor allem hohe Entwicklungskosten. Wer ein stark marketinggetriebenes Geschäftsmodell hat, hat natürlich überwiegend Marketingkosten.

Am einfachsten behält man als Gründerteam den Überblick über Kosten durch eine Abrechnungsanalyse im Rahmen eines Reportings. Dabei wird die Planung mit den Ist-Zahlen gegenübergestellt. Das macht man am besten monatlich und sehr zeitnah, denn das ermöglicht eine schnelle Reaktion, wenn tatsächlich (signifikante) Abweichungen auftreten.

Im Idealfall sollte man die Planung auch auf die betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) abstimmen, damit dann die jeweiligen Parameter in der Ertragsplanung geplant werden, die man auch nachher in der Buchhaltung tracken kann. Dafür können Kostenstellen oder Sachkonten genutzt werden.

Nathalie Wiegand weiß:

„Als Ziel sollte man einplanen, dass man am Zehnten des Folgemonats die betriebswirtschaftliche Auswertung und eine Saldenliste vom jeweiligen Folgemonat fertig hat, sodass man dann bis zum 15. des Folgemonats das Reporting fertig machen kann. So ist man immer sehr nah dran an der aktuellen Entwicklung dran. Und auch Investor:innen und Fremdkapitalgeber:innen finden es natürlich gut, wenn das Reporting frühzeitig da ist – das macht einen professionellen Eindruck.“

Je genauer man trackt und plant, umso eher können natürlich auch Optimierungspotenziale aufgezeigt werden. Wenn z.B. der Umsatz unter Plan liegt, man aber Sales-Pipeline und Marketing-Aktivitäten verfolgt, kann man schnell daraus ableiten, inwiefern mehr Leads oder Sales-Mitarbeiter notwendig sind oder ob neue Marketingkanäle getestet werden sollten.

Die Struktur der Finanzabteilung selber ist stark abhängig von der Unternehmensphase: Bei sehr jungen Start-ups und kleinen Unternehmen (bis etwa 15 Mitarbeitende) liegt vieles noch zentral bei den Gründer:innen. In dem Falle sollte man unbedingt so aufgestellt sein, dass möglichst nichts durchrutscht. Richtung Series A sollten Start-ups dann zunehmend auf saubere Prozesse im Finanzbereich und eine höhere Planungstreue achten – spätestens dann rückt auch das Thema Automatisierung mehr in den Fokus.

Wie treten Gründer:innen in den Erstkontakt mit VCs?

Meist kann man die ersten losen Kontakte auf Veranstaltungen knüpfen und einen Minipitch präsentieren – mittlerweile gibt es in ganz Deutschland regelmäßig Messen und Events, auf denen sich Start-ups und Investor:innen vernetzen können.

Wer bereits jemanden kennt, der gut vernetzt ist, kann auch so den Kontakt zu (neuen) Investor:innen knüpfen. Aber auch eine Kaltakquise kann funktionieren: Wer gut recherchiert hat und bei VCs für das eigene Start-up einen guten Fit sieht, kann eine E-Mail mit den wichtigsten Unterlagen rausschicken.

Grundsätzlich sollten sich Gründer:innen immer intensiv mit den VCs auseinandersetzen: Liegt das eigene Unternehmen im sogenannten Sweetspot der Investor:innen bezüglich Branche, Größe und Alter?

Am besten tritt man frühzeitig mit den VCs in Kontakt – so hat man Zeit, sich gegenseitig kennenzulernen, bevor man ein Investment und eine langjährige Partnerschaft eingeht.

Wie wählt man die richtigen Investor:innen für das Unternehmen aus?

Portfolio: Haben die Investor:innen spezielle Branchen-Erfahrungen oder -netzwerke, in die das Start-up gut reinpasst?

Strategische Investor:innen: Bieten VCs Mentoring oder den Nutzen von Netzwerken?

Der richtige Fond: Oftmals findet man Angaben zur Fondgröße von VCs. Das kann wichtig werden im Hinblick darauf, ob man als Start-up noch mehrere (größere) Runden machen muss. Ist der Fond schon ausfinanziert? Gibt es schon einen Anschlussfond? Das entscheidet darüber, ob Investor:innen auch in folgenden Finanzierungsrunden noch mitgehen kann, oder ob Gründer:innen sich für Anschlussrunden bereits neue Gesellschafter:innen suchen müssen.

Sympathie: In der Regel arbeitet das Gründungsteam um die sieben Jahre mit Investor:innen und deren Teams zusammen. Daher ist es essentiell, wenn man sich gut versteht und die gegenseitigen Erwartungen klar sind (z.B. in den Punkten Wachstum, Internationalisierung, Börsengang und Exit). Kommunikation ist auch hier wieder das A und O – so kann man sich als Gründungsteam auch in schlechten Zeiten auf eine fundierte Basis verlassen.

Wie schaut der Fundraising-Prozess auf VC-Seite aus?

Als Gründungsteam zu wissen, wie der Prozess auf der Seite von Venture Capitalists aussieht, fördert das gegenseitige Verständnis. Daher schauen wir hier chronologisch auf die grobe Roadmap von Investor:innen. Letztlich ist der genaue Ablauf aber natürlich wie immer abhängig von der Branche, dem Geschäftsmodell und der Phase des Start-ups.

  1. Man stellt sich über ein Pitchdeck per Mail oder mit einem Minipitch im Erstgespräch vor.
  2. Im Anschluss werden sich die meisten VCs Unterlagen liefern lassen: BWA, Summen- und Saldenliste, Jahresabschluss und den Businessplan, um das Geschäftsmodell und die Finanzzahlen besser zu verstehen.
  3. In der Regel wird der:die Investment-Manager:in dann mit einer weiteren Person sprechen, um sich eine Zweitmeinung einzuholen. Wenn beide Interesse haben, kommt es häufig zu einem persönlichen Kennenlernen mit dem Gründungsteam. Wenn bis dahin noch kein Pitch stattgefunden hat, wird er sicherlich bis dahin nachgeholt werden.
  4. Manche VCs geben nun schon die erste Indikation bezüglich Rahmenbedingungen, Konditionen und Bewertung. Jetzt haben Gründer:innen die erste Möglichkeit, zumindest grob das Termsheet zu verhandeln. Manche machen das aber auch erst nach dem sogenannten Deepdive.
  5. Beim Deepdive findet eine detailliertere Prüfung vom Unternehmen statt. Es folgen Fragen zum Geschäftsmodell, zum Produkt, dem Team, dem Markt, zu IT und Software, zum Wettbewerb, Marketing, zur Rechtslage und Markenrechten.
  6. Gegebenenfalls wird ein:e externe:r Berater:in als Branchenexpert:in hinzugezogen.
  7. Anschließend werden offene Fragen geklärt.
  8. Zum Schluss gehen beide Parteien in die Nachverhandlung – hier sind auch neue Auflagen möglich.

Für weitere Tipps zur Kommunikation mit VCs, welche Unterlagen Start-ups für ein Fundraising vorbereiten sollten und wie man sich auf Seed-Runde oder Series A unterschiedlich vorbereitet, können Sie hier unser Webinar mit Nathalie Wiegand on demand abrufen.