Budgetierung: Praxis-Tipps für 2023

Budgetierung 2023: Praxis-Tipps für das laufende Jahr, die Sie kennen sollten

Wir reden nicht lange um den heißen Brei herum. Die Budgetierung erfolgt mindestens jährlich, aber deswegen sind Finanzteam und Management noch lange nicht vor Fehlern gefeit – besonders in unsicheren Zeiten und wirtschaftlich angespannter Lage, wie sie auch für 2023 zu erwarten ist. Wir haben mit Katerina Nichols, Principal bei torq.partners gesprochen und uns Tipps und Tricks direkt aus der Praxis geholt.

Die drei größten Fehler, die Sie bei der Budgetierung vermeiden sollten?

  • Es werden vorab keine klaren Unternehmensziele für das kommende Jahr definiert
  • Der Prozess wird nicht als Projekt angesehen, weshalb es in den einzelnen Abteilungen an Vorbereitung und Planung fehlt
  • Die Planungstiefe variiert pro Stakeholder und kann im schlimmsten Fall nicht mit den Actuals abgeglichen werden

Sie möchten direkt zu den Praxis-Tipps für 2023, um zu erfahren, wie Sie Ihr Budget im laufenden Jahr verwalten? 

Wie gehe ich den Prozess der Budgetierung also richtig an?

Wenn man ein Budget aufsetzt, sollte vorab klar definiert sein, was im nächsten Jahr innerhalb des Unternehmens der Fokus ist. Das Management sollte daher klar festziehen, was die Ziele und mögliche Hindernisse sind. Wenn die Strategie unternehmensweit definiert wurde, kann man in den Budgetierungsprozess einsteigen. Denn dann wissen die einzelnen Abteilungen genau, womit sie arbeiten müssen und können.

„Viele Leute denken, nur weil etwas mit Zahlen zu tun hat, ist es eine Aufgabe von Finance. Dem ist leider nicht so“ – Katerina Nichols, torq.partners

Die Budgetierung ist also eine Teamleistung. Der Prozess setzt sich in den meisten Fällen aus einer Mischung von Top-down- und Bottom-up-Ansatz zusammen. Soll heißen: Fahrtrichtung und Unternehmensziele werden vom Management vorgegeben, die tatsächliche Planung erfolgt dann in den einzelnen Teams. Da mehrere Abteilungen im Unternehmen Teil der Budgetierung sind, ist es wichtig, den Prozess als ein echtes Projekt anzusehen. Dieser wird ebenso geplant, wie jedes andere Projekt auch: mit Verantwortlichkeiten und Deadlines. So verhindert man Verzögerungen, die erfahrungsgemäß den Budgetierungsprozess nur unnötig kompliziert gestalten.

Wenn die Budgetierung dann letztlich in den einzelnen Abteilungen angegangen wird, sollte sichergestellt sein, dass alle Abteilungsleiter gleichermaßen abgeholt wurden und dieselbe Informationstiefe haben.

Wichtig: Auch, wenn die verschiedenen Teams meist mit unterschiedlichen Kosteneinheiten arbeiten, ist es essentiell, dass letztendlich alles aufeinander abgestimmt ist. Nur so kann die Finanzabteilung die Informationen und Daten in einer solchen Form zusammentragen, dass man sie anschließend auf einer gemeinsamen Ebene verwerten kann.

Wenn diese Konsolidierung nicht vorhanden ist, erschwert das den Prozess der Budgetierung ebenfalls.

Beispiel: Sollte sich das Marketing-Team Gedanken zu einer Datenquelle gemacht haben, die man im Endeffekt nicht als Ist-Zahl tracken kann, wird das zwar nicht zwingend in der Budgetierung selbst zum Problem, kann aber im laufenden Jahr zu Komplikationen führen.

Das Finanzteam muss also alle gesammelten Daten glatt ziehen, um später die Weichen stellen zu können für einen Vergleich von Planzahlen vs. Actuals.

Die Budgetierung im laufenden Jahr nicht aus den Augen verlieren

Das Budget ist natürlich auf die kommenden zwölf Monate festgesetzt. Allerdings empfiehlt Katerina Nichols, sich nicht zwingend starr daran entlang zu hangeln. Ihre Empfehlung: einen rollierenden Forecasting-Prozess etablieren, um flexibel zu bleiben und für das nächste Jahr zu lernen.

„Wenn es Abweichungen gibt, werden die in den wenigsten Fällen dokumentiert, um mit einem besseren Informationsgehalt in den nächsten Budgetierungsprozess zu starten.“ – Katerina Nichols, torq.partners

Daher sollte man keine Scheu davor haben, auch mal die Struktur auf Seiten der Actuals zu ändern. Finanzstrukturen leben und sollen als Werkzeug dienen, anstatt zu behindern. „Jeder Budgetierungsprozess sollte besser sein als der davor“, weiß Katerina Nichols.

Budgetierung: 5 Praxis-Tipps für 2023

  • Wahrscheinlich keine Überraschung: In 2023 wird aufgrund er unsicheren Wirtschaftslage relativ konservativ geplant
  • Die Budgetierung sollte daher im besten Maße Unsicherheiten mit einbeziehen und das Business auf diese Unsicherheiten vorbereiten – rollierende Forecasts können helfen, immer on top zu bleiben
  • Best Practice: nicht nur in einem einzelnen Szenario denken, sondern mehrere Szenarien überlegen und das Worst-Case-Szenario nicht vergessen!
  • Können Sie im Falle des Worst Case deutlich sehen, wie weit der Runway gestreckt werden kann?
  • Hängen Sie die Szenarien an gewisse Meilensteine und arbeiten Sie eine Strategie mit Maßnahmen aus, sollten die Meilensteine nicht erreicht werden!

Finanzplan vs. Budget vs. Forecast

Aus der Praxis berichtet Katerina Nichols, dass es oftmals Verwirrung zwischen den einzelnen Begriffen Finanzplan, Budget und Forecast gibt. Daher möchten wir noch einmal Einzelheiten und Zusammenhänge aufschlüsseln:

Finanzplan & Business Case

Finanzen sind erst einmal nichts anderes, als die Übersetzung von Strategien und Annahmen in Zahlen. Das kann auf verschiedenen Horizonten erfolgen. Unter dem längerfristigen Horizont versteht man normalerweise den Business Case. Das bedeutet, dass man eine Finanzplanung zwischen drei und fünf Jahren aufstellt.

Da dies natürlich ein sehr weiter Blick in die Zukunft ist, ergibt es an diesem Punkt keinen Sinn, eine operative Planung durchzuführen. Der Business Case ist also eher high-level angesiedelt. Man überlegt sich Umsatzziele oder Strategien (z.B. eine mögliche Expansion) für die einzelnen Jahre und bricht diese dann im Rahmen der Budgetierung in einzelne Umsatz- und Kostenbestandteile herunter. Dieser Finanzplan wird meist innerhalb der Finanzabteilung aufgesetzt, die einzelnen Abteilungen arbeiten nur auf dem Highlevel mit.

Budget

Vom Finanzplan abgegrenzt erfolgt die nächste Stufe: das Budget. Der Zeithorizont liegt hier bei den nächsten zwölf Monaten. Das Budget ist also ein Werkzeug dafür, zu planen wie man sich im kommenden Jahr aufstellt und welche einzelnen Projekte man angehen möchte.

Daher ist es essentiell, dass sämtliche Abteilungen involviert werden und das Budget auf die operative Umsetzung geprüft werden kann. Diese Budgetplanung setzt man normalerweise im letzten Quartal des Jahres für das kommende Jahr fest. Unterjährige Änderungen sind dabei nicht üblich, auch wenn Ausnahmen durchaus möglich sind. Da auch zwölf Monate in gewisser Hinsicht ein Blick in die Glaskugel sind, erfolgt auf Basis des Budgets noch eine kurzfristigere Finanzplanung: der Forecast.

Forecast

Beim Forecast schaut man auf einen Zeitraum von etwa drei bis sechs Monaten. Das sollte immer parallel zum Budget passieren. So lassen sich Abweichungen und neue Informationen einarbeiten und mit dem Budget vergleichen. Dies gibt einem besonders auf Cash-Ebene eine gute Flexibilität, um im Ernstfall kurzfristig einlenken zu können.

Gibt es in der Budgetierung Unterschiede je nach Business-Modell?

Grundsätzlich gibt es in der Buchhaltung gewisse Standard-Kontorahmen, die eingehalten werden müssen. Natürlich gibt es unterhalb dieser Einteilung aber sehr viel Spielraum für spezifische Sachkonten, die individuell auf das Unternehmen zugeschnitten sind.

Beispiel: Ein Unternehmen aus Berlin mit fünf Mitarbeitenden, das ein stationäres Geschäft betreibt und Angestellte nie reisen, benötigt in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) keine Zeile für Reisekosten, die dann Monat für Monat auf Null gesetzt werden.

Daher ist es wichtig, dass die Reporting-Struktur auf die eigenen Bedürfnisse des Unternehmens ausgerichtet wird und genau die Informationen zeigt, die das Unternehmen in der Planung weiterbringen. Ziel des Reportings ist es, sowohl einzelne Abteilungen als auch externe Stakeholder sinnvoll upzudaten.

Kostenstellen haben eine tiefergehende Wirkung, besonders im Prozess der Budgetierung, da diese meist bereits den jeweiligen Abteilungen entsprechen. Daher sind Kostenstellen im Gegensatz zu den vorgegebenen Kontorahmen etwas sehr unternehmensspezifisches.

Top-down oder Bottom-up? Die richtige Vorgehensweise bei der Budgetierung

Werfen wir noch einmal einen Blick zurück: Der allererste Schritt noch vor der Budgetierung ist, dass sich das Management darüber klar wird, was man im Unternehmen im nächsten Jahr erreichen möchte. Man geht also zuerst in den sogenannten Top-down-Ansatz und gibt gewisse Ziele oder Vorgaben vor. Mit diesen Informationen versucht das Finanzteam, gewisse Standards aufzubauen, die in die Abteilungen weitergegeben werden.

Wichtig ist dabei, dass alle Daten standardisiert im Finanzteam verarbeitet werden: Es könnte also sinnvoll sein, sich im Finanzteam ein Template zu überlegen, in dem gewisse Daten eingetragen werden. Es gibt bestimmte Kostenblöcke, die in den Abteilungen selbst definiert werden und solche, die high-level im Finanzteam geplant werden. In den einzelnen Teams sind das etwa die Personalplanung, benötigte Tools, spezifische Projekte. Diese Kostenblöcke werden dann in Abstimmung mit dem Management und dem Finanzteam festgezurrt.

Typische Kosten, die man pro Mitarbeitendem berechnen kann sind z.B. Teamevents oder Reisekosten. Diese werden unternehmensweit definiert und festgezogen und anschließend ebenfalls vom Finanzteam eingearbeitet.

Sobald die Abteilungen das Template korrekt mit allen Daten befüllt haben, werden die Informationen im Finanzteam zusammengeführt und aufeinander abgestimmt. An diesem Punkt werden die beabsichtigten Budgets üblicherweise hinterfragt und angefochten: Passen die Daten oder kann an der ein oder anderen Stelle eine andere Strategie gefahren werden?

Als letzter Punkt erfolgt die Personalplanung: In Abstimmung mit Human Ressources und den einzelnen Abteilungen wird geschaut, ob die Planung so umsetzbar ist. HR und Finance gestalten ihre Budgets meist ganz am Ende, damit sie sich als Backoffice-Einheit an den anderen Abteilungen orientieren können.

Ist diese riesige Menge an Daten letztlich zusammengeführt und in ein Reporting-Format gebracht, kann die Budgetierung vorgestellt und letztlich verabschiedet werden.